Was macht eigentlich Nicola Schmidt? Treffen mit der Bestsellerautorin von Artgerecht

Oh, wie habe ich mich gefreut, als mir Nicola Schmidt auf meine Interviewanfrage antwortete und tatsächlich Zeit für ein Treffen mit mir in Hamburg hatte. Wie führt man ein Interview mit einer Bestsellerautorin, deren Buch man so großartig findet? Wie schafft es eine Frau, Familie zu haben und gleichzeitig so erfolgreich zu sein?

 

Diese Fragen stellte ich mir und als ich endlich aufbreche, bin ich ziemlich aufgeregt, aber auch voller Vorfreude. Schließlich wollen sich hier einfach zwei Mütter auf einen Kaffee treffen und nebenbei noch über Buchinhalte reden. Und das habe ich schließlich schon hunderte Male gemacht.

 

Nicola Schmidt ist Journalistin, Autorin und gleichzeitig Mama von zwei Kindern und wenn man sie trifft, merkt man sofort, dass einem eine angenehme und offene Frau gegenübersteht. Eine Frau, die ihr Leben in die Hand nimmt und alle Dinge, die da kommen mögen, gelassen angeht.

 

Dies wird mir schnell klar, als wir plaudernd durch die Straßen von Hamburg schlendern, sie gleichzeitig vertiefend mit mir über ihr Artgerecht Projekt spricht, nebenbei mit dem Babysitter ihrer Kinder und der Musikschullehrerin telefoniert und trotzdem nie den Faden verliert.

 

Artgerecht, was bedeutet das für Nicola? Nur eine Antwort gibt es auf diese Frage wohl nicht. Aber am Anfang steht das genaue Betrachten davon, wo wir Menschen eigentlich aus evolutionsbiologischer Sicht herkommen. Wie haben wir in vergangen Zeiten gelebt und was bedeutet das für das Elternsein heute, in einer Zeit, die schnelllebiger ist denn je und in der die einzelnen Familien oftmals Einzelkämpfer sind.

„Als ich Mama geworden bin, da merkte ich, wie unendlich gut mir die Unterstützung meiner Mutter tat. Ich merkte, dass ich ihre Hilfe nicht nur zweimal die Woche brauchte, sondern am besten an drei oder besser noch an allen Tagen.“ Mit dieser Einsicht suchte sich Nicola gleichgesinnte Mamas in Berlin, wo sie damals wohnte. Sie sprach Frauen in Kursen, die sie mit ihren Kindern besuchte, an, ob sie sich nicht zusammentun wollen. Wichtig war ihr hierbei, dass diese sich entwickelnde Gemeinschaft schnell erreichbar war. „Jeweils drei bis vier Mütter haben Teams gebildet, immer streng danach, wer wohnt nah bei wem. Ich brauchte das Gefühl, wenn das Kind abends um acht immer noch  nicht schläft und mir die Decke auf den Kopf fällt, sagen zu können, kann ich vorbeikommen, ich kann in drei oder fünf Minuten da sein und nicht in einer halben Stunde.“   Intensiviert hat sich dieses positive Gefühl der Gemeinschaft in Wildniscamps, die Nicola damals besuchte. Eine ganze Gruppe, ein ganzer Clan lebt zusammen und jeder trägt zum Gelingen des Camps bei – allerdings werden in den Basiscamps alle lecker von der Küche bekocht. Dadurch fühlt man sich nicht alleine und bekommt Hilfe, wenn man sie braucht. Genau mit diesem Gefühl der Isolation haben viele Frauen heute zu kämpfen, vermutet Nicola. „Und dafür sind wir aus evolutionsbiologischer Sicht einfach nicht gemacht. Eine Frau alleine mit Kindern war immer eine Notsituation.“

 

Artgerecht heißt also, sich einen Clan suchen, und genau diesen Gedanken finde ich als Mutter, die in einer Großstadt weit weg von jeglichen Verwandten lebt, besonders gut. Sich nicht alleine fühlen, ein Netzwerk aufbauen, das sowohl in guten als auch in anstrengenden Zeiten funktioniert. Dabei hilft es ungemein, auch einmal Hilfe von sich aus anzubieten. „Denn wenn man anderen hilft, kommt auch meistens etwas zurück“, so Nicola.

Aber Nicolas Buch ist nicht nur mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen ausgestattet, vielmehr soll es eine Anleitung sein, wie man diese Erkenntnisse in seinen Alltag als Mutter und auch als Familie integrieren kann.  „Mir ist es ganz wichtig, nicht nur wissenschaftliche Informationen zu vermitteln, sondern ich will viel mehr schreiben, wie man es dann auch tatsächlich im Alltag macht.“  Diese alltagsorientierte Anleitung konnte Nicola schreiben, weil sie jahrelang mit Müttern gearbeitet und junge Familien beraten hat. Aber sie schöpft auch aus ihren eigenen Erfahrungen als Mama, verrät sie mir. Artgerecht heißt demnach auch, dass jedes Baby anders ist und auch jede Mutter, jede Familie. Alle Themen, die Nicola Schmidt in ihrem Buch Artgerecht aufgreift, sei es das Stillen, Tragen, Schlafen im Familienbett oder das Windelfreisein, jede Familie muss ihren Weg finden, was für sie passt und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Dabei ist es wichtig, Vertrauen in sich selbst zu haben, Ruhe zu bewahren, gelassen  zu sein, achtsam hinzuschauen und genau zu spüren,  wie sich das für einen persönlich anfühlt. Artgerecht leben fällt vielleicht am Anfang nicht leicht, gerade wenn man sein gesamtes Leben anders verbracht hat. Aber man kann mit kleinen Veränderungen beginnen und Schritt für Schritt voranschreiten.

 

Als  ich Nicola am Schluss unseres Treffens nach ihrem Wunsch für die Zukunft frage, erzählt sie mir, dass sie von einem Zentrum träumt. Eine Institution, in der Frauen ihrer Kinder bekommen und dann die ersten sechs Wochen in einem All inclusive Setting ihr Wochenbett mit optimaler Beratung und Betreuung zum Thema Stillen, Tragen, Paarbeziehung, Ankommen und Stressreduktion verbringen können. Ich als Mutter hätte mir genau so einen Ort nach der Geburt gewünscht und hoffe, dass dieser Traum irgendwann einmal umgesetzt wird. Aber bis es soweit ist, freue ich mich erst einmal auf Nicolas neues Buchprojekt, in dem es um Artgerecht in Kleinkindalter gehen soll.

 

Ein großes Dankeschön an Nicola Schmidt für das aufschlussreiche Gespräch zwischen Pizza und Saftschorle!


 

 

 

 

Ich darf eines dieser wunderbaren Bücher verlosen. Hinterlasst mir einen Kommentar und schwups, schon seid ihr im Lostopf dabei. Am 29.10.2017 geb ich den Gewinner bekannt. Viel Glück!